– eine Gesellschaftsgeschichte
Das jüdische Großbürgertum war Ergebnis einer einzigartigen Erfolgsgeschichte. Mit dem Preußischen Judenedikt von 1812 begann die rechtliche Gleichstellung der Juden, die ab 1847 als vollzogen gilt. Binnen weniger als 100 Jahren erschufen die Nachfahren ausgegrenzter und entrechteter Juden Kaufhausimperien, große Bankhäuser oder die den wirtschaftlichen Fortschritt bringenden Eisenbahnprojekten. Sie stiegen in kürzester Zeit in das preußische Großbürgertum auf und übertrafen dieses häufig nicht nur mit ihrem Vermögen, sondern auch mit Bildung, mit künstlerischem Sachverstand und einem ausgeprägten Sinn für Ästhetik. All dies kumulierte in den Villen des jüdischen Großbürgertums in Berlin die zwischen 1900 und 1932 entstanden.
Durch das aufziehende Gewaltregime des antisemitischen Nationalsozialismus verloren diese Familien ihre Villen, ihr Vermögen und oft auch ihr Leben.
Während sich nach dem Krieg langsam wieder jüdisches Leben in Deutschland etablierte, war das in diesen Villen lebende jüdische Großbürgertum ausgelöscht. Viele dieser Villen stehen noch, auch in Berlin. Sie sind steinerne Zeugen deutscher Erfolgsgeschichten. Und sie sind steinerne Zeugen der Folgen von Rassismus und Hass.
Mit diesem Projekt werden gemeinsame Erfahrungen verschiedenster Familien miteinander verbunden: Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Aufstieg, der internationalen Vernetzung durch Kunst, Wirtschaft und Bildung – und des kollektiven Verfolgungsdrucks, der Enteignung, der Vertreibung und der Ermordung. Verbindendes Element dieser Gesellschaftsgeschichte sind die Villen und ihre Grundstücke, die als steinerne Zeugen unter uns sind.